Guten Abend, herzlichen Dank für die Einladung und die freundliche Begrüßung.
Ich stelle meinen Impuls unter das Motto „Wir weigern uns Feinde zu sein“ eines Friedensprojektes, das ich Ihnen im zweiten Teil vorstellen will.
In einem ersten Teil möchte ich einen kurzen Abriss unseres Verständnisses des Dauerkonfliktes in Israel – Palästina geben und unsere Verantwortung benennen.
Kaum eine Region der Welt ist so von zwei unterschiedlichen Narrativen zur Geschichte geprägt wie Israel-Palästina. Während Israel in diesem Jahr den 75. Jahrestag seiner Gründung am 14. Mai gefeiert hat, gedachten die Palästinenser*innen in diesem Zusammenhang ihrer damit verbundenen Vertreibung und Enteignung, der Nakba- was wörtlich Katastrophe heißt.
In der Erklärung von pax christi mit dem Titel ‚Ungeteilte Solidarität für einen gerechten Frieden‘ heißt es: „Unser Engagement im Nahostkonflikt konfrontiert uns mit der deutschen Schuld an der Ermordung der europäischen Juden. Auch wenn wir persönlich nicht schuldig geworden sind, wissen wir um die bleibende Verantwortung, die aus der Shoa erwächst. Es ist die je aktuelle Erinnerung an die Opfer und das Wissen um die bleibende Mahnung, dass „Auschwitz nicht noch einmal sei“. So ist unser Eintreten für das Existenzrecht Israels ohne Wenn und Aber, gleichzeitig steht pax christi für eine Solidarität mit allen Menschen in Palästina und Israel, die nach gewaltfreien Konfliktlösungen suchen. Wir sehen die Sicherheitslage Israels, aber auch die unerträgliche Situation der Palästinenser*innen in den besetzten Gebieten. Verletzung von Völkerrecht und Menschenrechten und die Besatzung schweigend hinzunehmen, bedeutet Komplizenschaft mit Unrecht und Gewalt. Eine zukunftsweisende Lösung kann nur für beide Seiten ein Leben in Gleichheit, Sicherheit und Frieden bringen. Die derzeitige Regierung unter Benjamin Netanjahu, die rechteste aller bisherigen lässt allerdings derzeit wenig Gutes erwarten. Mit dem Israeli Rami Elhanan und dem Palästinenser Bassam Aramin von parents circle – eine sehr eindrucksvolle Organisation von Israelis und Palästinenser*innen, die jeweils ein engstes Familienmitglied durch Gewalt verloren haben, wir haben diese auf jeder unserer Begegnungsreisen getroffen, dabei sind öfters Tränen geflossen, teilen wir zutiefst ihre Position: „Wir bitten euch nicht darum, pro Israel zu sein. Wir bitten euch nicht darum, pro Palästina zu sein. Aber wir fordern von euch, für den Frieden zu sein! Wir fordern von euch, gegen Ungerechtigkeit zu sein.“ Das ist als christlich motivierte Friedensbewegung unsere bleibende Verantwortung für diese Region und auch weltweit. Versöhnung zwischen Israelis und Palästinenser*innen wird nur möglich sein, wenn beide Seiten dazu bereit sind, sich mit dem Leid und dem Narrativ der jeweils anderen Seite auseinanderzusetzen.
Martin Buber sagt einmal: Das Glück des einen Volkes hängt vom Glück des anderen ab. Es kann Israel nur gut gehen, wenn es Palästina gut geht, und es kann Palästina nur gut gehen, wenn es Israel gut geht.
In meinem 2. Teil möchte ich das Friedensprojekt ‚Tent of nations‚
oder ‚Zelt der Völker‘ mit dem eindrucksvollen Motto „Wir weigern uns Feinde zu sein“ von Daoud Nassar kurz vorstellen, bei dem ich im letzten Sommer 7 Wochen als Freiwilliger mitgearbeitet habe.
Bereits 1916 erwirbt sein Großvater Daher das Grundstück. Während viele palästinensische Landbesitzer die Registrierung ihres Landes aus Furcht vor Steuern unterließen, registrierte Daher Nassar seinen Besitz schon bei den osmanischen Behörden. Danach erwarb die Familie noch britische und jordanische und israelische Besitzurkunden. Das 42 Hektar große Land liegt 9 Kilometer südwestlich von Bethlehem in der Westbank- Zone C – auf 950 m Höhe. Die Familie pflanzt dort Granatäpfel, Mandeln, Feigen, Oliven und Weinreben an, musste aber immer wieder Übergriffe, Zerstörungen der Ernten von den Siedlern und Militär hinnehmen.
1991 erklärt jedoch der israelische Staat das Land der Familie zu Staatsland. Der Rechtsstreit beginnt und dauert bis heute an, also über 30 Jahre. Der letzte palästinensische Hügel ist heute von 5 illegalen Siedlungen umgeben, ohne Baugenehmigungen, ohne Wasser- und Stromanschluss stattdessen Fotovoltaik und Wasserzisternen.
2001 beginnt Daoud das Friedensprojekt Tent of Nations mit dem Motto ‚Wir weigern uns Feinde zu sein‘, um mit workshops Brücken zwischen den Menschen zu bauen.
Daoud und seine Familie lehnen den Weg der Gewalt ab, ebenso die Haltung eines passiven Opfers einzunehmen oder das Land zu verlassen. Sie praktizieren mit internationaler Unterstützung und Freiwilligen einen Weg des aktiven, gewaltfreien Widerstands. Und dies in einer sehr eindrucksvollen Weise.
„Wir wollen unsere Frustration in konstruktiver Weise nutzen. Um diese Gefühle in Energie zu verwandeln, ist positives Handeln nötig, sonst werden wir zu einer Brutstätte für Zorn und Bitterkeit“ sagt Daoud.
Ihn und sein Projekt darin mit Arbeitshilfe und internationaler Präsenz als Freiwilliger zu unterstützen, war das Anliegen meines Einsatzes. Die Familie braucht dringend weiterhin Kurz- und Langzeit- Freiwillige. Wer Interesse daran hat, kann sich direkt an: dnassar@tentofnations.org wenden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!