Impulsbeitrag „Elend und Hoffnungsfunken im Sudan"
Punkt 7 - 30 Minuten innehalten für die Nöte der Welt
7. Dezember 2025, 19:00 Uhr
Thomas Hegner
Die Wurzeln des aktuellen Konflikts im Sudan reichen lange in die Vergangenheit, wie so viele Probleme Afrikas ist das auch ein Erbe des Kolonianismus. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden von den Europäischen Mächten überall auf dem Kontinent Staaten gegründet, in denen Völker zusammengefasst waren, die wenig miteinander gemein hatten.
Anfang des 21. Jahrhunderts kam es im Sudan zu systematischen Gewalttaten gegen nicht arabischstämmige Bevölkerungsgruppen. Vielleicht erinnern Sie sich an Schreckensmeldungen aus dieser Zeit. Im Laufe der Auseinandersetzungen eskalierte auch die militärische Gewalt immer mehr. 2011 kam es zu einer Spaltung des Landes der Südsudan gründete sich als ein eigener Staat. 2019 stürzte das Militär im Norden den langjährigen Diktator Al-Baschir. Die Hoffnung auf eine demokratische Wende im Land währte nur kurz. Militärs unterdrückten Demonstrationen und übernahmen die Macht. Vor 2 Jahren war geplant, diese an eine zivilgeführte Regierung zu übergeben. Leider kam es dazu dann nicht, stattdessen bildeten sich rivalisierende Lager im Militär. So brach die Gewalt erneut mit großer Heftigkeit aus. Es ist dabei fast unmöglich, den Überblick zu bewahren, wer da eigentlich gegen wen kämpft. Es gibt einige Hauptakteure, aber auch viele weitere an den Kämpfen beteiligte kleinere Gruppen, die oftmals mit Unterstützung aus dem Ausland agieren.
Im vergangen Jahr scheiterte die Verabschiedung einer Friedensresolution durch den Sicherheitsrat der UNO am Veto einer der ständigen Mitglieder. In dem Fall war das Russland, es gehört aber zu den traurigen Realitäten, dass so ein Veto häufig dann eingelegt wird, wenn ein Beschluss einer Seite schaden würde, die einen mächtigen Verbündeten im Sicherheitsrat hat.
Vor kurzem eskalierte die Gewalt noch weiter. Nach einer 500tägigen Belagerung wurde im Oktober die Stadt al-Faschir eingenommen. Es kann so unglaublichen Gräueltaten. Es gibt Zahlen, die besagen, dass in wenigen Tagen 1500 Zivilisten getötet worden sind, darunter allein 460 Menschen in einer Geburtsklinik. Das Land ist von einer Hungersnot geplagt, akut betroffen sind 17 Millionen Menschen, das ist ein Drittel der Gesamtbevölkerung, darunter 3,6 Millionen Kinder. Wahrscheinlich haben sie die Berichterstattung vor wenigen Wochen angesichts der Eroberung Al-Bashirs mitbekommen, ansonsten zählt der Konflikt im Sudan zu den vergessenen.
Umso wichtiger ist vor diesem Hintergrund die Arbeit der Emergency Response Rooms im Sudan. Unter diesem Dach hat sich ein Netzwerk lokaler Hilfsorganisationen versammelt, die alle dort aktiv sind, wo internationale Hilfsorganisationen nicht mehr hinkommen. Diese lokalen Initiativen greifen auf eine lange und beeindruckende Tradition der Nachbarschaftshilfe zurück. War es früher üblich, dass Nachbarn zusammengerufen wurden, wenn es galt, Felder gemeinsam abzuernten oder ein Haus zu bauen, dann kommen diese Nachbarschaften heute zu anderen Gelegenheiten zusammen.
Menschen organisieren sich spontan, um auf Krisen möglichst schnell und unbürokratisch reagieren zu können. So bringen diese Initiativen Medikamente dorthin, wo es keine Apotheken mehr gibt, sie kümmern sich darum, dass Kinder unterrichtet werden, wo Schulen schon lange nicht mehr arbeiten können, sie richten Suppenküchen ein, wo sonst niemand mehr Nahrungsmittel verteilt. Was ich dazu im Internet gelesen habe, erinnert mich an die Stimmung, die in Deutschland im Jahr 2015 kurzzeitig viele Menschen dazu motivierte, selbst die Arme hoch zu krempeln, um Flüchtlinge vor allem aus Syrien willkommen zu heißen. Vielleicht haben Sie es mitbekommen: den Emergency Response Rooms wurde für ihr Engagement der Alternative Friedensnobelpreis verliehen.
Diese spontanen Initiativen stehen in der Tradition der Gastfreundschaft, die tief in den Kulturen der Völker im Sudan verwurzelt ist. Hunderttausende von Flüchtlingen haben so bei Verwandten Unterschlupf gefunden, die notwendigen Lebensmittel, und was sonst Not tut, werden aber von der gesamten Nachbarschaft zusammengetragen.
Den Menschen im Sudan muss geholfen werden. Darin sind sich die großen Hilfsorganisationen und die lokalen Initiativen vor Ort einig. Wie das am besten geht – darüber gibt es intensive Diskussionen und leider häufig nur schwer zu überbrückenden unterschiedliche Ansichten. Die lokalen Akteure fühlen sich oftmals überfordert vom bürokratischen Aufwand, der notwendig ist, um internationale Hilfen in Anspruch nehmen zu können,. Die internationalen Organisationen wiederum haben Sorge, ihre Hilfsgelder könnten ohne genügend Kontrolle zweckentfremdet werden. Ein Kritikpunkt der lokalen Akteure ist auch, dass die Hilfe von außen zu wenig konfliktsensitiv sei. das meint: was gut gemeint ist, wirkt häufig kontraproduktiv. Gelder, die ins Land fließen und helfen sollen, bewirken stattdessen eine Verschärfung von Konflikten, wenn verschiedene Parteien darum ringen, Zugang zu den entsprechenden Hilfstöpfen zu bekommen.
Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass die Diakonie Katastrophenhilfe nun eine Kooperation mit den Emergency Response Rooms eingegangen ist. Die Hoffnung ist, dass so die finanziellen Mittel, die aus Deutschland zur Verfügung gestellt werden können und die Ortskenntnis lokaler Akteure so zusammengeführt werden können, dass künftig möglichst vielen der vom Krieg Betroffenen unkompliziert und nachhaltig geholfen werden kann. Gebe Gott dass sich dieser Wunsch Hoffnung erfüllt